Im Finanzsektor hilft KI insbesondere bei der Steigerung der Effizienz oder der Einsparung von Kosten. Gleichzeitig haben sich neue Formen der Kundeninteraktion, etwa über Chatbots und digitale Assistenten, bereits etabliert und werden laufend weiterentwickelt. Die Fähigkeit von KI, grosse Datenmengen in sehr kurzer Zeit zu analysieren, kann zu Verbesserungen im Risikomanagement führen, bei der Entdeckung von Betrugsfällen helfen, oder dank der Automatisierung von Routineprozessen die Arbeitsproduktivität erhöhen.
Im Risikomanagement analysieren Algorithmen historische Daten, Marktbewegungen und individuelle Kundendaten, um z.B. Kreditrisiken präziser zu bewerten oder Zahlungsausfälle frühzeitig zu erkennen. Versicherungen können mittels KI die Bearbeitung von Versicherungsfällen beschleunigen: Fotos und Dokumente werden automatisch analysiert, Schäden eingeschätzt und Zahlungen veranlasst. In der Betrugsbekämpfung können dank KI ungewöhnliche Verhaltensmuster oder Unregelmässigkeiten bei Schadensmeldungen erkannt werden. Die Automatisierung von Routineprozessen kann beispielsweise die Effizienz in Callcentern erhöhen, zudem können auch zunehmend Chatbots für die Beantwortung einfacherer Fragen eingesetzt werden. Im Handel werden mit KI-Systemen Marktbewegungen analysiert und automatisierte Handelsentscheidungen getroffen (algorithmischer Handel).
Aus dem Bankensektor investiert die UBS beispielsweise in interne KI-Programme und Kundenlösungen und setzt seit Anfang 2025 realitätsnahe digitale Analysten-Avatare ein, um Research-Berichte automatisiert als Videos bereitzustellen, wodurch statt rund 1000 künftig etwa 5000 Analysen pro Jahr als Video verfügbar sein sollen. Auch BNP Paribas treibt KI voran. Die Bank schloss im Juli 2024 eine Partnerschaft mit dem französischen Startup Mistral AI, um Zugang zu deren generativen KI-Modellen für zahlreiche Anwendungen zu erhalten – unter anderem einen virtuellen 24/7-Assistenten für Kundenanfragen. In Frankreich wurde zudem eine KI-Lösung eingeführt, die die Hypothekenvergabe um fünf Tage beschleunigt, indem eine intelligente Dokumentenanalyse den Grossteil der Kreditunterlagen automatisch ausliest und so Kredite schneller und fehlerärmer bewilligt werden. Intesa Sanpaolo, Italiens grösste Bank, hat KI zum Kern ihres Strategieplans 2022–25 gemacht und erwartet daraus bis 2025 rund EUR 500 Mio. Mehrwert durch höhere Erträge sowie geringere Risiken und Kosten. Zentral ist der virtuelle Assistent «Ellis», der Kunden rund um die Uhr auf Website, in App und am Telefon unterstützt, über 1000 Themen und mehr als 20 Aufgaben abdeckt und 2024 sogar einen Innovationspreis erhielt. Die grösste US-Bank JPMorganChase hat 450 Einsatzgebiete für KI identifiziert, in den Bereichen Risikomanagement, Zahlungsabwicklung, Handelsoptimierung, Kundenservice, Personalisierungen und Dokumentenmanagement. Das Finanzhaus spricht diesen Einsatzgebieten einen Wert von USD 1 bis 1.5 Mrd. zu.
Versicherer setzen KI inzwischen sehr konkret entlang der Wertschöpfungskette ein, also von der Risikoerfassung im Underwriting (Risikoprüfung und Prämienfestsetzung) über die Schadenbearbeitung bis hin zu internen Support-Prozessen. Bei der Swiss Re werden mit ClaimsGenAI beispielsweise grosse Mengen an Schadenakten und Dokumenten strukturiert ausgewertet, um Bearbeitungsschritte zu beschleunigen und Hinweise auf Betrug oder Recovery-Potenziale systematischer zu erkennen. Zurich nutzt u.a. generative KI im kommerziellen Underwriting, um grosse Mengen an Einreichungsunterlagen in kurzer Zeit in unterwriter-taugliche Zusammenfassungen zu verdichten.
Somit bestehen auch im Finanzsektor vielfältige Einsatzgebiete für KI, insbesondere bei Routinearbeiten oder in Bereichen, in denen grosse Datenvolumina anfallen. Hier kann KI die Effizienz stark erhöhen. Auf der Gegenseite besteht die Befürchtung, dass infolge des zunehmenden Einsatzes von KI viele, weniger qualifizierte Stellen im Finanzbereich wegfallen könnten.
Unsere Autoren
Marco Strittmatter, CFA, CESGA
Hasan Inal, CFA
Antoine Diserens, CIIA
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