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Auch in der Industrie mit ihren vielfältigen Anwendungsfeldern und Endmärkten ist KI bereits fest verankert – und ihr Einsatz nimmt nun deutlich zu. Zentral für Industrieunternehmen ist zum einen der Einsatz von KI in der Produktion, Wartung und Betrieb, zum anderen in der Forschung und Entwicklung zur Entwicklung neuer Produkte und Lösungen.

 

KI in Produktion, Betrieb und Wartung

Die Automatisierung der Produktion war immer schon ein grosses Thema bei Industrieunternehmen, um die Arbeitsintensität zu senken und durch stetiges Optimieren der Prozesse die Produktivität zu erhöhen. Wir mögen uns vielleicht dazu beispielhaft an Toyota erinnern, die in den 1950er-Jahren die Autoproduktion u.a. mit Just-in-Time-Produktion, Jidoka (Qualitätskontrolle im Prozess statt erst am Ende) sowie Kaizen (permanent kleine Verbesserungen) komplett neu gedacht und damit den westlichen Autobauern von da an als Blaupause für eine deutlich effizientere Produktion gedient hat.

In diesem Zusammenhang wird gerne der Begriff «Industrie 4.0» verwendet, welcher für die jüngste Stufe einer langen industriellen Entwicklung steht. Diese reicht von der Mechanisierung mit Dampfmaschinen (Industrie 1.0), über Elektrifizierung und Fliessband-Massenproduktion (2.0) sowie die digitale Automatisierung mit Computern und Robotern (3.0), hin zur heutigen vernetzten, datengetriebenen und KI-gestützten «Smart Factory» (4.0), in der Maschinen und Systeme in Echtzeit miteinander kommunizieren und Prozesse sich selbst optimieren.

Industrielle Fertigung wird heute massgeblich durch KI mitgeprägt. In modernen Fabriken kommen KI-gestützte Roboter und Steuerungen zum Einsatz, um Produktionsprozesse effizienter, flexibler und präziser zu gestalten. So berichtet ABB, dass KI die Fähigkeiten von Industrierobotern beim Greifen, Platzieren und autonomen Navigieren in dynamischen Umgebungen erheblich verbessert. Roboter können etwa Objekte besser erkennen und sogar komplexe Aufgaben wie präzises «Pick-and-Place» oder das Umfahren von Hindernissen bewältigen. Autonome mobile Roboter (AMR) nutzen KI-Algorithmen für Echtzeit-Kartierung und Navigation, wodurch starre Fliessbänder durch flexible, selbstfahrende Transporteinheiten ersetzt werden können.

Ein weiterer wichtiger Anwendungsbereich ist die Qualitätskontrolle. KI-gestützte Kamerasysteme inspizieren Produkte schneller und zuverlässiger als das menschliche Auge auf Fehler. ABB hat z.B. eine automatisierte 3D Quality Inspection-Zelle entwickelt, die mit KI selbst mikroskopische Defekte erkennen kann. Ähnlich setzt BMW in seinen Werken bereits seit Jahren flächendeckend in Zusammenarbeit mit Nvidia KI ein, um die Qualität in der Montage zu überwachen: Kameras vergleichen dabei in Echtzeit das Aussehen jedes Fahrzeugs mit den Soll-Daten, um falsch montierte Teile oder Lackfehler sofort zu entdecken.

Auch steuerungstechnisch bietet KI neue Möglichkeiten. Hersteller von Automatisierungstechnik wie Rockwell Automation integrieren KI direkt in ihre Produkte und Software, um sämtliche Phasen des Produktionszyklus zu verbessern. So kommen etwa generative KI-Werkzeuge beim Programmieren von Anlagen zum Einsatz: Anstatt jede Roboterbewegung zu codieren, können Ingenieure teils in natürlicher Sprache oder per Demonstration dem System mitteilen, was getan werden soll. Mit VisionAI bietet Rockwell zudem ein kamerabasiertes Prüfsystem, das ohne manuelles Programmieren aus Beispielen lernt, fehlerfreie von fehlerhaften Produkten zu unterscheiden.

Neben der Produktion hat KI enorme Bedeutung für den Betrieb und die Instandhaltung industrieller Anlagen. Durch das Zusammenwachsen von Internet of Things (IoT)-Sensoren und KI können Maschinen vorausschauend gewartet werden, bevor Ausfälle auftreten. Ein Beispiel liefert der Schweizer Baustoffkonzern Holcim: Er stattet über 100 Zementwerke mit Sensordaten aus, um dank sogenannter «Prädiktiver Instandhaltung» KI-gestützt Ausfälle zu antizipieren und die Betriebszeit zu maximieren.

Ein weiterer Sektor mit grossem Erfolg in der vorausschauenden Wartung ist die Aufzugstechnik: Unternehmen wie Schindler und Kone statten Lifte und Rolltreppen mit IoT-Sensoren aus, womit KI dann kontinuierlich Parameter wie Motorströme, Vibrationen oder Türbewegungen analysiert, um vorherzusagen, wann ein Bauteil verschleisst. Der Anschluss an die Cloud ermöglicht es zudem, ferngesteuert eine Analyse bei Problemen durchzuführen und damit Ausfälle und Stillstandszeiten zu minimieren. Ähnlich wie bei vielen elektronischen Geräten, reicht bei Aufzügen oft ein einfacher Reboot zur Problembehebung – der Service-Mitarbeitende muss dann erst gar nicht anreisen.

KI in Forschung, Entwicklung und neuen Produkten

Neben der unmittelbaren Produktion spielt KI auch in Forschung und Entwicklung (F&E) eine wachsende Rolle. Durch die Auswertung grosser Datenmengen und selbstlernende Algorithmen können Industrieunternehmen schneller innovieren und Produkte optimieren.

Der Schweizer Spezialitätenchemie-Hersteller Sika testet beispielsweise den Einsatz von Machine Learning in seinen Labors, um neue Materialrezepturen zu entwickeln und Alterungsprozesse vorherzusagen. In einem Projekt liess Sika ein künstliches neuronales Netz Oberflächenrisse in Dachabdichtungsfolien bewerten – eine Aufgabe, die sonst nur erfahrene Experten übernehmen können. Das trainierte KI-Modell erkannte die Rissausprägung (leicht, mittel, stark) in Testbildern mit 97% Genauigkeit. Sika berichtet zudem, dass Machine Learning dank der bereits bestehenden grossen Datenbasis bis zu 75% der Experimente überflüssig machen kann und so die Markteinführungszeit (Time-to-market) um über 50% verkürzt.

Auch in der Produktentwicklung setzen Unternehmen vermehrt auf KI-Tools, z.B., um durch Simulation das Verhalten neuer Designs via digitalen Prototypen vorherzusagen oder optimale Parameter und Kombinationen durchzurechnen. So digitalisiert Holcim beispielsweise seine Labore mit KI-Tools, um Zementmischungen hinsichtlich Festigkeit und Nachhaltigkeit zu verbessern.

Schliesslich hält KI zunehmend direkt in den Produkten Einzug, besonders sichtbar im Automobilsektor. Moderne Fahrzeuge sind mit Fahrerassistenzsystemen und Sensoren ausgestattet, die KI nutzen, um ihre Umgebung zu «verstehen». Der Automobilzulieferer Aptiv entwickelt dafür KI-Module zur Radarauswertung und Fahrplanung, wodurch diese KI-gestützten Radarsysteme Objekte wie Fussgänger oder Fahrräder im dichten Stadtverkehr genauer erkennen und einordnen können. Zusammen mit lernenden Verhaltensplanern führt dies zu natürlicheren, vorausschauenderen Fahrentscheidungen, erhöht die Sicherheit und ebnet den Weg in Richtung teil- und vollautonomes Fahren.

Auch Nutzfahrzeug- und Maschinenbauer nutzen KI, um ihre Produkte smarter zu machen. John Deere etwa hat ein Kamerasystem mit KI für Landwirtschaftsmaschinen („See & Spray“) entwickelt, das Unkraut von Nutzpflanzen unterscheidet und Herbizide gezielt nur dort versprüht, wo Unkraut wächst. Diese Precision-Farming-Lösung reduzierte den Pestizideinsatz bei Feldversuchen im Schnitt um fast 60%.

KI ist bereits Alltag, bietet aber noch enormes Potenzial

KI hat bereits heute den Alltag industrieller Unternehmen verändert – von vollautomatischen Fertigungsstrassen über selbstlernende Wartungssysteme bis hin zur intelligenten Produktentwicklung. Gleichzeitig steht die KI-Revolution in der Industrie noch am Anfang. In den kommenden Jahren dürfte KI noch tiefer in Prozesse vordringen, neue Geschäftsmodelle ermöglichen und vielleicht ganze Wertschöpfungsketten transformieren. KI entwickelt sich zum Schlüsselwerkzeug, um Effizienz, Qualität und Innovation in Unternehmen auf ein neues Level zu heben – und das Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft.

Unser Autor

Hasan Inal

Hasan Inal, CFA

Investment Analyst

hasan.inal@blkb.ch

+41 61 925 84 92

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